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Episode 71: Alles Käse! – Shownotes

Oder: Die Kunst des komplexen Scheiterns

Das Schweizer Käse Modell zeigt sehr anschaulich, wie trotz mehrerer Sicherheitsebenen doch immer wieder Fehler passieren und sich aus Bedrohungen katastrophale Ereignisse entwickeln können. Dabei symbolisiert eine löchrige Käsescheibe jeweils eine Maßnahme zur Reduktion von Fehlern und Bedrohungen – und das kann ganz unterschiedlich aussehen: Ausbildungen, Trainings, technische Hilfsmittel, Regeln, Checklisten – das alles sind mögliche Beispiele.

Eigentlich würde das Modell klare Lösungsansätze bieten – wenn da nicht die zunehmende Komplexität und der Human Factor wären. Beide sind dafür verantwortlich, dass häufig Probleme in einer Maßnahmenebene nur und ausschließlich in dieser einen Ebene erkannt und bearbeitet werden. Und auch die Lösungen werden dann oft nur „Layer-spezifisch“ implementiert und kommuniziert. Damit wird vielleicht die prinzipielle Funktionalität der betroffenen Schicht aufrechterhalten. Was dabei aber oft übersehen wird: Wie beim „Emmentaler-Stapel“ geht es nicht nur darum, dass eine einzelne Ebene für sich intakt ist. Es geht auch sehr stark darum, wie diese in Relation zu allen anderen Ebenen positioniert ist. Und da können mitunter leichte Veränderungen einer Ebene die Schwächen einer anderen Ebene verstärken. Und wenn jetzt gleich mehrere Ebenen gleichzeitig Abweichungen – auch nur kleine – aufweisen, dann kann genau diese Konstellation dazu führen, dass plötzlich undenkbare Ereignisse geschehen.

Dabei wäre es eigentlich ganz einfach: Sobald eine Sicherheitsebene Abweichungen aufweist müssen sofort alle anderen Ebenen in Relation zu dieser Abweichung evaluiert werden, die entsprechende Aufmerksamkeit muss geschärft werden. Klingt einfach. Nur werden – insbesondere in größeren Unternehmungen, Organisationen oder Behörden – unterschiedliche Ebenen auch von unterschiedlichen Teams oder sogar Abteilungen, manchmal vielleicht auch von externen Dienstleistern betrieben. Die Systeme werden immer komplexer und oftmals fehlt letztendlich das Wissen und damit natürlich auch das Bewusstsein dafür, wie verschiedene Ebenen ineinandergreifen (müssen), um zu verhindern, dass sich Bedrohungen tatsächlich auswirken.

Was hilft dagegen? Zunächst einmal Wissen. Wissen um die Komplexität. Wissen um die gegenseitigen Abhängigkeiten. Und dass auch einmal über Abweichungen und Schwächen kommuniziert wird. Denn eines zeigt das Schweizer Käse Modell ganz eindeutig: Nur wenn alle Scheiben optimal ausgerichtet sind, kann die optimale Wirkung erreicht werden. Dann können auch einzelne Abweichungen meist kompensiert werden. Aber viele kleine Abweichungen zusammen können dann plötzlich katastrophale Auswirkungen haben. Mit „Kasterldenken“ und jeder Form von „Abteilungsegoismus“ sind solche Dinge vorprogrammiert. Dagegen helfen nur eine positive Fehlerkultur und ein integrierter Ansatz.


Wenn sie Wünsche oder Anregungen haben, freue ich mich wie immer über eine Email: podcast@krisenmeisterei.at

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