Episode 110: Am Limit: Engpässe meistern – Transkript

Hallo und herzlich willkommen, ich bin Thomas Prinz von krisenmeisterei.at. In diesem Podcast zeige ich Ihnen, wie Sie als Führungskraft auch in den schwierigsten Momenten einen kühlen Kopf bewahren, souverän entscheiden und Ihr Team sicher durch jede Krise führen. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Krisen für Sie nicht zu unlösbaren Problemen werden.
 
Heute geht es um akuten Ressourcenmangel. Der ist ja an und für sich schon eine große Herausforderung. Umso schlimmer wird es, wenn dieser während der Bewältigung einer Krise auftritt. Also wenn es eigentlich eh schon mehr als spannend ist und wir auf alle Mittel angewiesen sind um die aktuelle Situation gut zu überstehen. Wenn dann noch plötzlich wichtiges Material ausgeht, dann kann das natürlich sehr schnell zu einem richtigen Drama werden.
 
Aber was tun, wenn so etwas passiert? Nun, natürlich ist es am besten, man setzt bereits weit davor an. Indem man für etwaige Krisenbewältigungen notwendiges Material ausreichend bevorratet und bereit hält. Das wünscht sich natürlich jede Krisenmanagerin und jeder Krisenmanager. In der Realität schaut es aber mitunter leider anders aus.
 
Und das kann sehr unterschiedliche Gründe haben. Zunächst einmal ist es oft so, dass es kein Verzeichnis, kein Register der notfall- bzw. krisenrelevanten Ressourcen gibt. Das klingt jetzt vielleicht erst einmal verwunderlich, passiert aber tatsächlich gar nicht selten. Denn oft muss man im Notfall oder in der Krise auf Ressourcen zugreifen, die von verschiedenen Bereichen oder Abteilungen bevorratet oder zur Verfügung gestellt werden. Und damit stehen diese Materialien natürlich auch DORT auf der Inventarliste bzw. müssen sie DORT bevorratet werden. Und das macht – wirtschaftlich gesehen – auch durchaus Sinn: Wenn ich Material A in einer Abteilung regelmäßig brauche, dann kann ich ja von Seiten des Krisenmanagements im Anlassfall darauf zugreifen. Wenn – ja, wenn das auch so durchgeplant und umgesetzt wird. In der Realität schaut das aber mitunter so aus: In der Vorbereitung stellt das Krisenmanagement fest, dass dieses Material u.U. zur Krisenbewältigung gebraucht wird. Und steht damit vor der Entscheidung: Selbst anschaffen und bevorraten? Oder gegebenenfalls auf den Vorrat der anderen Abteilung zugreifen? Also, klar, das kann dann wirklich Sinn machen. Nur, dieser Zusammenhang, diese Abhängigkeit muss so definiert und dokumentiert werden, dass sie allen beteiligten Verantwortungsträgern klar ist und nicht in Vergessenheit gerät. D.h. im Krisenmanagement muss in einem Verzeichnis der relevanten Ressourcen diese Verbindung, diese Abhängigkeit dokumentiert werden und auch in der anderen Abteilung muss das permanent klar sein. Und auch regelmäßig – also zumindest einmal pro Jahr – hinterfragt und aktualisiert werden. Denn was passiert in der Realität immer wieder? Die Abteilung stellt fest, dass sie – weshalb auch immer – plötzlich einen geringeren Bedarf von diesem Material hat und reduziert den Lagerbestand. Oder findet heraus, dass ein anderes Material für sie besser geeignet ist. Wenn da nicht sofort irgendwelche Alarmglocken schrillen, dann findet sich das Krisenmanagement irgendwann in der prekären Situation, dass es auf Material A zugreifen will, es dieses aber nicht mehr oder nicht mehr in der erforderlichen Menge gibt.
 
Also, zunächst einmal brauchen wir eine klare Übersicht über unsere benötigten Ressourcen sowie das aktuelle Wissen darüber, wie wir diese Ressourcen bevorraten oder beziehen können.
Was aber jetzt tun, wenn diese trotzdem plötzlich knapp werden, noch dazu mitten während einer Krise?
 
Nun, von entscheidender Wichtigkeit ist hier, dass ich das so früh wie möglich mitbekomme. Und nicht erst, wenn der Ressourcenmangel bereits weitreichende Folgen hat. Und hier kommt wieder unsere Ressourcenliste ins Spiel. Neben der Dokumentation von Dingen wie Lagerort oder Bezugsquellen sollte ich hier auch Prozesse vorbereiten, wie ich sofort ein Monitoring über die Ressourcenverwendung und -verfügbarkeit aufsetze. Denn ansonsten ist es eigentlich vollkommen gleichgültig, wieviel ich davon habe. Wenn ich die Verwendung nicht überwache bin ich letztendlich im Blindflug unterwegs.
 
Das wird natürlich überall dort schwierig, wo Krisenmanagement im Hau-Ruck-Verfahren abgewickelt wird. Spätestens hier wünscht man sich als Krisenmanager, gut vorbereitete, definierte und möglichst auch in das IT-System integrierte Prozesse entlang derer man eben auch die eigene Lage permanent und aktuell beobachten kann.
 
Trotzdem kann es irgendwann zu Engpässen kommen. Welche Möglichkeiten habe ich dann? Nun. zu aller erst einmal eine Rückbesinnung auf das “Handwerkszeug” des Krisenmanagements. Das bedeutet: Weg vom “Gieskannenprinzip”, hin zum Führungsgrundsatz der “Schwergewichtsbildung”: Wo kann der Einsatz der knappen Ressource die meiste Wirkung erzielen? Das ist zunächst einmal eigentlich eine einfache Frage – in der Praxis kann die Antwort aber extrem emotionalisieren. Denn wenn ich den Einsatz einer Ressource priorisiere, dann heißt das automatisch auch, dass ich bestimmte Einsatzmöglichkeiten für weniger wichtig erachte. Da nun hinter diesen Einsatzmöglichkeiten letztendlich auch Menschen stehen, können die sich sehr schnell ziemlich benachteiligt fühlen. Ich erinnere mich da an die Covid-Zeit. Da wurden Listen von “systemrelevanten Berufen” erstellt. Und zwar mitten während der Krise, also wenn Stress und Emotionen ohnehin schon hoch sind. Und natürlich waren nicht alle Berufe auf dieser Liste. Ist ja eh klar, sonst würde diese Liste ja überhaupt keinen Sinn machen. Aber postwendend meldete sich so ziemlich jede Berufsgruppe, die da nicht aufgeführt war, zu Wort und schilderte mit großer Enttäuschung, wie schlimm eine Welt ohne sie wäre und dass es daher vollkommen unverständlich und falsch sei, genau ihre Berufsgruppe nicht als systemrelevant zu bezeichnen.
 
OK, vielleicht waren es nicht wirklich alle Berufsgruppen, aber zumindest einige. Worauf ich hinauswill: Wenn ich im Krisenfall priorisieren muss, dann ist es immer von Vorteil wenn die zugrunde liegenden Regeln, also wann was weshalb mehr oder weniger wichtig ist, bereits im Vorfeld diskutiert und vereinbart werden. Man spart sich dann einfach viel Zeit und Energie. Wird das jegliche Emotionalität verhindern? Sicher nicht. Aber zumindest einige.
 
Das heißt für uns als Krisenmanager: Ein wichtiger Teil meiner Vorbereitung ist es auch, solche Regeln für das Priorisieren von Ressourcen zu erstellen. Und die mit allen relevanten Stakeholdern oder zumindest Entscheidungsträgern abzustimmen. Natürlich gibt es da die “Goldene Dreierregel”. Priorität Nr. 1: Leben und Gesundheit. Priorität Nr. 2: Stabilisieren der Situation. Priorität Nr. 3: Im Prinzip alles andere. Diese einfache Rangliste kann einem im Notfall- und Krisenmanagement schon sehr viel helfen. Allerdings wäre eine etwas spezifischere Liste nicht unpraktisch.
 
Und genau nach so einer Liste muss ich frühzeitig beginnen, meine Ressourcen aufzuteilen. Deshalb habe ich ja im Krisenfall eine eigene Organisationsform, sei es “nur” mit einem Krisenmanager alleine oder sei es auch, dass dieser von einem ganzen Stab unterstützt wird. Es geht – unter anderem – darum eine Gesamtübersicht zu bekommen, diese zu bewahren und die vorhandenen Ressourcen nach dem optimalen Nutzen für die Gesamtsituation einzusetzen.
 
Aber was, wenn auch das nicht reicht? Ja, dann muss ich kreativ werden. Entweder finde ich alternative Bezugsquellen oder alternative Produkte.
 
Und auch hier kann ich mich eigentlich vorbereiten. Wenn es Ressourcen gibt, die für die Krisenbewältigung wichtig sein könnten, dann sollte ich eigentlich in meinem zuvor schon erwähnten Register auch gleich mögliche alternative Bezugsquellen einpflegen. Ja, das bedeutet natürlich zusätzliche Arbeit und noch mehr Zeitaufwand. Aber ansonsten habe ich genau diesen Aufwand mitten während der Krise. Und dasselbe gilt auch für die Vorüberlegung, ob ich nicht vielleicht ein anderes Produkt verwenden könnte.
 
Diese Vorbereitungsarbeiten haben aber noch einen extrem wichtigen Benefit, der über das reine “Ich spare mir Zeit im Ernstfall” hinausgeht: Wenn ich feststelle, dass ich eine bestimmte Ressource für die Bewältigung von Notfällen oder Krisen dringend brauche, es dafür aber weder alternative Bezugsquellen noch alternative Produkte bzw. Ressourcen gibt: Dann habe ich ein Problem. Punkt. Dann sollte ich nicht auf eine Krise warten müssen um das festzustellen. Denn eine Grundregel für organisationale Resilienz lautet: Kenne Deine Abhängigkeiten. Heißt das, dass alle Abhängigkeiten schlecht sind. Nicht unbedingt. Aber wenn ich mich bereits in einer Krisensituation befinde, dann kann es ziemlich fatal werden, wenn ich ganz plötzlich auf so eine Abhängigkeit stoße, und zwar, weil das, wovon ich abhängig bin, plötzlich nicht mehr verfügbar ist. So etwas ist schlicht und ergreifend weder notwendig noch sinnvoll. Wo ich Abhängigkeiten eingehe, muss ich das bewusst machen, mit der vollen Akzeptanz der möglichen Konsequenzen. Nur so kann ich mich auf diese auch vorbereiten. Was ich aber in der Praxis immer wieder erlebe ist, dass man Abhängigkeiten dadurch runterspielt, dass man auf die tollen Vorteile hinweist und die möglichen negativen Konsequenzen totschweigt. In der Hoffnung, dass die nie schlagend werden. Ja, es gibt viele Möglichkeiten gefährliche Wetten mit hohem Einsatz abzuschließen…
 
Nehmen wir jetzt aber an, ich habe mich gut vorbereitet und komme trotzdem an dem Punkt an, dass eine für mich wichtige Ressource nicht mehr verfügbar ist. Dann hilft letztendlich nur noch Kreativität. Denn einfach nur darüber jammern, dass jetzt alles verloren ist, das bringt uns ja auch nicht weiter. Was braucht es aber, um kreativ werden zu können? Zunächst einmal ein tiefes Verständnis dafür, was diese nicht mehr verfügbare Ressource eigentlich bewirken sollte. Was wäre das Ziel dieses Ressourceneinsatzes gewesen?Darüber muss ich mir zuerst einmal vollkommen klar sein. Und dann heißt es zu überlegen, wie dieses Ziel anders erreicht werden kann. Das klingt trivial, ist aber wirklich entscheidend. Denn wenn im Krisenfall eine wichtige Ressource ausgeht, dann ist es leider durchaus realistisch, dass nun ganz viel Energie darauf verwendet wird zu diskutieren, warum das so nicht sein darf. Und wer schuld ist. Und dass das alles eigentlich vollkommen unmöglich ist. Ja, das gute alte – oder besser gesagt: schlechte alte Blaming-Game ist leider auch in 2024 noch nicht verschwunden. Nur: Es bringt uns keinen Millimeter weiter. Weiter bringt uns lediglich eine zielorientierte Vorgehensweise, bei der wir als Krisenmanager darauf schauen, dass die jeweils kompetentesten Köpfe Strategien entwickeln, wie man trotz der Knappheit weiterkommt.
 
Und ja, es kann dann auch den Fall geben, dass es KEINE Alternative mehr gibt. Und dass eine Krise deshalb eben nicht überstanden wird. Aber das ist wieder eine andere Geschichte. Denn als Krisenmanager setzen wir alles daran, eine Krise erfolgreich zu meistern.
 
Und dafür braucht es eben diese Schritte: Zunächst überhaupt wissen, was man brauchen könnte. Dann sicherstellen, dass wir auch genug davon verfügbar haben. Sich bereits im Vorfeld überlegen, nach welchen Gesichtspunkten die Ressource verteilt wird – so eine Verteilung überhaupt sinnvoll oder relevant ist. Aber auch wissen, was eigentlich ganz konkret das Ziel des Ressourceneinsatzes ist – damit im Extremfall alternative Strategien oder Taktiken entwickelt werden können.
 
Also: Wenn Sie gute Notfallpläne und Checklisten haben – werfen Sie auch regelmäßig einen Blick auf Ihr Ressourcenregister. Es lohnt sich!
 
Das war’s soweit zum Thema „Am Limit: Engpässe meistern.“. Was sind Ihre Erfahrungen? Schreiben Sie mir ein E-Mail an podcast@krisenmeisterei.at oder hinterlassen Sie mir eine Sprachnachricht auf memo.fm/krisenmeisterei. Ich freue mich auf Ihre Gedanken!
 
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Denken Sie daran: Der beste Zeitpunkt, sich auf Notfälle oder Krisen vorzubereiten, ist immer heute. Warten Sie nicht, bis es zu spät ist!
 
Das war’s für heute. Ich bin Thomas Prinz von krisenmeisterei.at. Vielen Dank fürs Zuhören und auf Wiedermeistern bei der nächsten Folge!
 

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