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Episode 11: Wie sag ich’s meinem Team – Transkript

Hallo,

ich bin Thomas Prinz von krisenmeisterei.at. Ich helfe Verantwortlichen Krisen souverän und kompetent zu meistern, damit diese nicht zu Ihrer persönlichen Tragödie werden.

Heute geht es um die Frage: „Wie sage ich es meinem Team?“

Spontan könnte man natürlich sagen:“Na, probier’s doch einfach auf Deutsch!“ Aber im Krisenmanagement werden wir mit etlichen Herausforderungen konfrontiert, die die Sache deutlich erschwere: Da ist natürlich zu nächst einmal der große Zeitdruck, der typischerweise herrscht, wenn wir mit einer akuten Krise konfrontiert sind. Dann ist natürlich der Stress recht hoch und mitunter auch die Emotionalität. Wir haben es mit einer großen Informationsdichte zu tun – auch wenn die oft besonders erwünschten und besonders benötigten Informationen gerade nicht dabei sind.

Dann kommt dazu, dass die Reaktionen auf die Krise häufig – eben aufgrund der Besonderheiten einer Krise – nicht auf Checklisten aufbauen sondern individuell angewiesen werden müssen. Nur, der Stress in der Krisensituation engt unsere Wahrnehmung ein und reduziert unsere Merkfähigkeit. Es besteht also die Gefahr, dass Anweisungen nicht umfassend bzw. nicht korrekt aufgenommen werden. Die Folge sind Fehlleistungen bis hin zum Versagen des Krisenmanagements.

Was für uns daher wirklich wichtig ist, ist, dass wir eine gehirngerechte Weitergabe von Anweisungen praktizieren. Sowohl schriftlich als ganz besonders auch mündlich. Denn gerade Empfänger von mündlichen Anweisungen haben – wenn überhaupt – dann nur die eigenen Aufzeichnungen zur Rückversicherung.

Nun, wie macht man sowas? Wie gibt man Anweisungen gehirngerecht weiter? Vereinfacht gesagt gibt es zwei Kategorien von Informationen für unser Gehirn: Das eine sind die quasi tabellarischen Informationen – Zahlen, Daten, Fakten, Namen. Das andere sind die eher bildhaften Vorstellungen. Also Örtlichkeiten, Häuser, Räume, Personen (wenn ich nicht durch den Namen kenne sondern auch wirklich ein Bild der Person vor meinen Augen habe). Das können noch Abläufe oder Prozesse sein, wenn ich die in Form von „Quasi-Filmen“ in der eigenen Vorstellung ablaufen lassen kann. Ja, was jetzt aber wichtig ist, ist, dass diese bildhaften Informationen viel leichter gemerkt werden. Nicht umsonst sagt man, man muss sich von etwas zuerst ein Bild machen bevor man entscheiden kann. Und sie kennen sicher Gedächtniskünstler, die sich völlig abstrakte Informationen merken indem sie eben diese mit Bildern oder mit Ereignissen verknüpfen und so einen imaginären Film erstellen, den sie dann im Nachhinein ablaufen lassen können und so zuverlässig den Zugriff zu diesen zu vor abstrakten Informationen haben. Ja, und genau das können wir uns bei der Kommunikation mit unserem Team zunutze machen. Dass eben Zahlen, Daten, Fakten, leichter gemerkt werden, wenn ich sie in ein Gesamtbild einbetten kann.

Die Faustregel lautet daher: Immer zuerst ein Übersichtsbild geben und dann erst Detaildaten dazu liefern. Dementsprechend ist es auch wichtig immer vom Allgemeinen – dem Übergeordneten – zum Detail zu gehen. Das führt letztendlich dazu, dass der Adressat der Anweisung das, was er gerade liest oder hört, bereits einordnen kann. Das Ergebnis letztendlich ist eine wesentlich höhere Merkleistung als wenn diese Regeln nicht befolgt werden würde. Ja, und daher wird diese Vorgehensweise auch seit vielen, vielen Jahren überall dort angewendet, wo die sichere und rasche Ausführung von Anweisungen – gerade auch unter Stress – lebensnotwendig ist. Also speziell im Militär, bei der Exekutive und natürlich bei allen Einsatzorganisationen. Als Krisenmanager können und sollen wir auch unbedingt von dieser Erfahrung und dieser Technik profitieren.

Schauen wir uns an, wie das nun in der Praxis genau aussieht. Dazu möchte ich mit einem Negativbeispiel starten. Wie könnte eine nicht gehirngerechte Anweisung aussehen. Das könnte z.b. so klingen: „Alfred und Lisa sind Team 1 und Andrea und Lukas sind Team 2. Jedes Team bekommt von mir zwei Taschenlampen und ein Funkgerät. Die beiden Teams lösen sich jeweils nach 4 Stunden in der Portierloge ab. Für die Kommunikation der beiden Teams miteinander und mir nutzen wir die Funkgeräte. Reservebatterien befinden sich im hinteren Kasten in der Portierloge. Ich selbst werde mich im ersten Stock in meinem Büro aufhalten. Sollte ich das Haus vorübergehend verlassen müssen, so hinterlasse ich beim diensthabenden Team meine Erreichbarkeit. Wenn eine Person in das Haus hinein möchte, muss sie einen entsprechenden Ausweis vorweisen. Nach Kontrolle des Dokuments lässt das diensthabende Team dann die berechtigte Person in das Gebäude. Zur Zeit kann eben niemand mit den normalen Zutrittskarten das Haus betreten, denn in unserem Bezirk ist der Strom komplett ausgefallen. Und aufgrund eines Problems mit unserer Notstromversorgung ist das Zutrittssystem bei uns im Haus auch ausgefallen. Wir müssen also einen Portierdienst einrichten um den Zutritt für Berechtigte zu ermöglichen .“

OK. Aufgrund der ungeordneten Informationsweitergabe ist es Ihnen jetzt sicher sehr schwer gefallen, den Ausführungen zu folgen und vor allem sich das zu merken und das alles einzuordnen. Das war also ein Negativbeispiel einer nicht gehirngerechten Struktur. Wie schaut das jetzt aus, wenn wir es gehirngerecht machen wollen?

Nun, als erstes brauchen wir ein Bild der aktuellen Situation. Wir müssen ein Bild vermitteln. damit wir weitere Information darin verorten können. Mit diesem Bild, mit dem Zeichnen des Lagebilds (wie man das auch nennt), werden im Gehirn quasi Schubladen angelegt. Schubladen gebildet, in die wir dann Informationen hineinlegen und danach auch wieder herausholen können. Was gehört jetzt zu diesem Lagebild, das wir hier vermitteln wollen? Dazu gehört natürlich zunächst einmal: Was ist überhaupt passiert? Man spricht von der Gefahren- und Schadenslage. Der nächste Punkt wäre: Wie ist unsere Situation als Team/Unternehmen/Behörde in dieser Gefahren- oder Schadensituation? Was gibt es da Besonderes zu berichten bzw zu bedenken? Und dann natürlich noch eventuelle relevante allgemeine Informationen. Das kann vom Wetter bis zu Verkehrslage reichen – aber eben nur die wirklich für uns relevanten Informationen. Damit vermitteln wir zunächst einmal ein übergeordnetes Bild, ein sogenanntes „Lagebild“.

Dann kommen wir zum nächsten Block. Und das ist ein sehr kurze Block, tatsächlich der kürzeste Blog in diesem Schema. Und zwar ist dass er Entschluss oder der Auftrag – da gibt es unterschiedliche Bezeichnungen, je nachdem welche Quelle man verwendet. Wesentlich ist, dass klar definiert wird, was zu tun ist. Und zwar am besten mit einem einzigen, ganz einfachen Satz. Damit wir das gemeinsame Ziel, das mithilfe dieses Auftrags erreicht werden soll, definiert. Natürlich entstehen beim Zuhörer oder beim Lesenden dann sofort Fragen. Aber das ist auch gut so, denn mit diesen Fragen erhöhen wir die Aufnahmebereitschaft und wollen ja dann in der weiteren Anweisung die sprechenden Antworten geben.

Und das tun wir zunächst einmal im dritten Block, der sogenannten „Durchführung“. Da beginnen wir zunächst mit der sogenannten „Gliederung und Kräfte-Einteilung“. Wie wird das Team strukturiert? Wer arbeitet mit wem zusammen? Natürlich kann man auch in einer normalen Linienstruktur weiter arbeiten. Wenn das okay ist, dann erwähnt man das einfach. Aber sehr häufig ist es notwendig, spezielle Gruppen, spezielle Teams zu bilden. Und das wird gleich am Anfang des Abschnitts „Durchführung“ klar gemacht. Damit jeder Lesende, jeder Zuhörende weiß: Mit wem arbeitet man zusammen, wie schaut diese Struktur aus? Dann kommt der geplante Gesamtablauf, der geplante Einsatzablauf. Das heißt, zu diesem Zeitpunkt wissen die Leser oder Zuhörer bereits: Was ist geschehen, was ist unser gemeinsames Ziel und mit wem arbeite ich jetzt konkret zusammen. Das ist die optimale Voraussetzung, um die geplanten Maßnahmen jetzt einordnen und in Relation zueinander setzen zu können. Daher folgen dann als nächstes die Einzelaufträge. Wir gehen also ganz klar vom Allgemeinen zum Detail, also vom Ziel über die Gliederung zum geplanten Gesamtablauf, und dann hin zu den Einzelaufträgen. Für eine gute Durchführung fehlen jetzt noch allfällige gemeinsame Aufträge – also das wären Dinge, die von allen zu berücksichtigen sind – und etwaige koordinierte Maßnahmen. Also zum Beispiel Zeitvorgaben, Umgang mit Medien, etc. Ja, in diesem dritten Block haben wir im Prinzip den Hauptprozess unserer Krisenreaktion (oder das, was im Auftrag geklärt wird) definiert.

Und jetzt kommen wir zum vierten Block, und da geht’s um die Ressourcen. Also z.B. darum, welches Material wie zur Verfügung gestellt wird. Wie sich Teams untereinander ablösen. Wie eine allfällige logistische Unterstützung organisiert ist. Ja, demgemäß heißt dieser Teil auch „Versorgung“ oder „Einsatzunterstützung“, je nachdem wieder welche Quelle man verwendet.

Ja, und der fünfte und letzte Teil ist der Kommunikation gewidmet. Er heißt auch oft „Führungsunterstützung“. Da geht’s darum: Wer kommuniziert wie mit wem, und wie erreiche ich die auftraggebende Stelle. Also wenn ich selbst den Auftrag erteile, dann lege ich da fest: Wie erreicht man mich, wo befinde ich mich selber, wie kann man mich ansprechen.

Also insgesamt haben wir damit fünf große Blöcke. Das beginnt mit der Lage. Dann kommt Auftrag oder Entschluss. Block Nummer drei ist die Durchführung. Der vierte Block Versorgung bzw. die Einsatzunterstützung. Der fünfte Block handelt von der Kommunikation bzw. der Führungsunterstützung.

Ja, Puristen mögen mir jetzt verzeihen, wenn ich sage: Die konkrete Benennung der fünf Blöcke ist im Wesentlichen nicht wirklich wichtig. Wichtig ist allerdings die inhaltliche Struktur. Weil nur wenn diese fünf Blöcke aufeinander aufbauen, dann haben wir eine gehirngerechte Auftragserteilung. Ja, wenn ich in einer Organisation, in einem Team dieses Schema immer wieder verwende, dann sollten die Benennungen der Blöcke natürlich immer wieder gleich bleiben, damit man als Leser, als Zuhörer dann auch sofort weiß: Aha, jetzt geht’s um dieses Gebiet, jetzt kommt dieses oder jenes…

Wenn sich mein Auftrag an einen Personenkreis richtet, dem dieses Schema gar nicht geläufig ist, dann kann ich die Überschriften der Blöcke auch z.B. in Form von rhetorischen Fragen formulieren. Denn Fragen – gerade auch so rhetorische Fragen – helfen dem Höhrenden oder dem Lesenden immer, sich für die Antworten bereit zu machen. Also quasi auf „fachspezifischen Empfang“ zu schalten. Das kann auch zusätzlich helfen, die Merkfähigkeit und das Verständnis zu stärken.

Ja, nehmen wir noch einmal das Negativbeispiel von vorher und dieselben Informationen, denselben Text, jetzt in diese Struktur hinein gegossen. Das könnte sich z.b. so anhören, also:

„Ja, wir haben folgende Situation: In unserem Bezirk ist der Strom komplett ausgefallen. Und aufgrund eines Problems mit unserer Notstromversorgung ist jetzt das Zutrittsystem bei uns im Haus auch ausgefallen. Daher kann zur Zeit niemand mit Zutrittskarten das Haus betreten. Unser Auftrag ist: Wir müssen einen Portierdienst einrichten um den Zutritt für Berechtigte zu ermöglichen. Wie machen wir das? Es werden zwei Teams gebildet. Alfred und Lisa sind die Team 1 und Andrea und Lukas sind Team 2. Das jeweils diensthabende Team hält sich in der Portierloge auf. Wenn eine Person in das Haus möchte, muss sie einen entsprechenden Ausweis vorweisen. Nach Kontrolle des Dokuments lässt das diensthabende Team berechtigte Personen in das Gebäude. Was brauchen wir dazu? Jedes Team bekommt von mir zwei Taschenlampen und ein Funkgerät. Reservebatterien befinden sich im hinteren Kasten in der Portierloge. Die beiden Teams lösen sich bitte jeweils nach 4 Stunden in der Portierloge ab. Wie kommunizieren untereinander? Für die Kommunikation der beiden Teams miteinander und mit mir nutzen wir die Funkgeräte. Ich selbst werde mich im ersten Stock in meinem Büro aufhalten. Sollte ich das Haus vorübergehend verlassen müssen, so hinterlasse ich beim diensthabenden Team meine weitere Erreichbarkeit.“

Ja, das war nun im Prinzip der selbe Text wie Negativbeispiel, nur eben entsprechend strukturiert und ergänzt um Strukturhinweise, großteils in Form von rhetorischen Fragen. Ja, und schon wird es wesentlich einfacher, die Anweisung zu verstehen, der Anweisung zu folgen und diese bei Bedarf auch zu reproduzieren.

Diese Struktur, dieses Schema findet sich in vielen Literaturquellen. Eine davon finden Sie in den Shownotes zu dieser Folge.

Soweit für heute zum Thema: „Wie sage ich es meinem Team?“ Wenn sie etwas nachlesen wollen, dann finden Sie Shownotes, ein Transkript und weitere wertvolle Infos auf meiner Website krisenmeisterei.at. Dort können Sie auch meinen Newsletter abonnieren oder mein eBook runterladen. Außerdem können Sie sich für eines meiner Webinare anmelden. Wenn Sie besondere Wünsche oder Anregungen zum Podcast haben, dann würde ich mich sehr über ein E-Mail freuen. Die E-Mail-Adresse ist: podcast@krisenmeisterei.at.

Das war’s für heute. Ich bin Thomas Prinz von krisenmeisterei.at. Vielen Dank fürs Zuhören und auf Wiedermeistern bei der nächsten Folge.

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