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Episode 3: Krisenmanagementpläne – Transkript

Hallo, ich bin Thomas Prinz von krisenmeisterei.at.

Ich helfe Verantwortlichen, Krisen sicher und kompetent zu meistern, damit diese nicht zu ihrer persönlichen Tragödie werden.

Heute geht es um Krisenmanagementpläne.

Wir haben schon gehört, dass eine Krise außergewöhnlich, vielleicht sogar einmalig ist. Kann man dafür überhaupt Pläne machen? Ja – man kann nicht nur, man muss sogar. Allerdings: Ein Krisenmanagementplan enthält nicht ein operatives Kochrezept. Vielmehr enthält er Maßnahmen, Anleitungen und Informationen durch die die Organisation in die Lage versetzt wird, auf eine Krise zu reagieren. Der Krisenmanagementplan ist also eine wichtige Grundlage für die Reaktionsfähigkeit eines Unternehmens.

Was musst so ein Krisenmanagementplan also alles berücksichtigen? Zunächst einmal: Welche Ressourcen – sowohl personell, als auch materiell – stehen für die Krisenreaktion zur Verfügung. Es geht um die Herstellung der Reaktionsfähigkeit, das Hochfahren des Krisenmanagement-Systems. Wie kommt man zu diesen Ressourcen? Wie werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verständigt bzw. alarmiert? Wer wird wann verständigt? Es müssen Regeln für die Zusammenarbeit definiert werden. Da geht’s im Speziellen um die Aufbau- und die Ablauforganisation der Elemente, die speziell für das Krisenmanagement installiert werden. Also zum Beispiel um die Geschäftsordnung für den Krisenstab. Dann ist es gut, Vorlagen für verschiedene Dokumente und Dokumentationen zu haben. Also z.b. Protokolle oder Berichte. Und dann sind Checklisten ein sehr wertvolles Tool für seinen Plan. Die haben besondere Bedeutung, auf die werde ich noch etwas genauer eingehen.

Ja, oft stellt sich die Frage: Was ist eigentlich der Unterschied zum Notfallplan? Brauche ich überhaupt noch Notfallpläne, wenn ich in einen Krisenmanagementplan habe. Die Antwort ist eigentlich recht einfach: Bei dem Notfallplan geht es um die konkrete Abarbeitung eines ganz konkreten Notfalls. Also es geht um operative Schritte, die in einer ganz bestimmten Situation umzusetzen sind um einerseits möglichst rasch wieder den Routinebetrieb herzustellen, andererseits aber auch zu vermeiden, dass ein Notfall zu einer Krise wird, es weiter eskaliert. Bei der Erstellung eines Notfallplans habe ich also einen ganz konkreten Notfall vor Augen für den ganz konkrete Maßnahmen notwendig sind. Bei der Erstellung eines Krisenmanagementplan weiß ich nur:Es geht um eine Krise, das Unternehmen ist gefährdet. Mehr weiß ich im Vorhinein nicht. Und wie sieht es jetzt um eine mögliche Konkurrenz zwischen Notfallplan und Krisenmanagementplan aus? Die ist einfach nicht gegeben. Denn während einer Krisenreaktion müssen oft noch immer konkrete Notfälle abgearbeitet werden. Zum einen kann ja auch während einer Krise ein Notfall geschehen, der Krise eigentlich gar nichts zu tun hat. Auf der anderen Seite kann eine Krise ja zum Beispiel dadurch entstehen, dass mehrere Notfälle gleichzeitig eintreten. Dann werden die einzelnen Notfälle auch einzeln mit den entsprechen Notfallplänen abgearbeitet, während sich das übergeordnete Krisenmanagement zum Beispiel um die Koordination und die Gesamtleitung kümmert. Oder: Operativ handelt es sich vielleicht um einen Notfall. Aber aufgrund von Medienberichten entsteht eine Image-Krise, die dann mit Hilfe des Krisenmanagementplans bearbeitet werden muss.

Es ist ist ein gefährlicher Irrglaube anzunehmen, dass Notfallpläne oder Krisenmanagementpläne sich gegenseitig ersetzen könnten. Notfallpläne habe ich für konkrete Notfälle, die eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit haben, einzutreten, sodass die Entwicklung des entsprechenden Plans auch Sinn macht. Im Krisenmanagementplan hingegen konzentriere ich mich darauf, auf unvorhersehbare Ereignisse reagieren zu können.

Schauen wir uns jetzt an, was in so einem Krisenmanagementplan genauer geregelt werden soll oder geregelt werden kann.

Das erste und wichtigste ist auf jeden Fall: Wer hat im Fall einer Krise das Sagen? Es geht um die Funktion des Leitenden/der Leitenden. Wer hat die Verantwortung? Welche Rollen sind für das Krisenmanagement zu besetzen? Also dazu gehört zum Beispiel der Krisenstab. Wenn das – Verantwortung und Rollen – nicht klar geregelt ist, und zwar so, dass in wirklich jeglicher Situation – sogar wenn Internet und Telefonie ausgefallen sind – eine verantwortliche Person vor Ort oder zumindest erreichbar ist, dann braucht es den weiteren Krisenmanagementplan gar nicht mehr. Das heißt, ich muss auch festlegen wie diese Person oder dieser Personenkreis erreicht werden kann – und zwar auch, wenn Internet oder Telefon einmal nicht funktionieren. Wenn diese Personen nicht im Dienst sind, wie kommen diese dann an einen Ort, von dem aus Sie wirklich führen können?

Meine persönliche Erfahrung ist, dass hier oft davon ausgegangen wird, dass eigentlich eh alles funktioniert. Das heißt: Meine Organisation, mein Unternehmen hat eine Krise und alles andere funktioniert wie gehabt. Das Telefon funktioniert, das Internet ist verfügbar, der Verkehr läuft… Aber nur sehr selten wird auch geregelt: Was, wenn die vorgesehenen Entscheidungsträger nicht erreicht werden können oder nicht kommen können. Nämlich alle! Ein Blackout, also ein sehr ausgedehnter – sowohl örtlich wie auch zeitlich ausgedehnter – Stromausfall könnte so eine Situation verursachen. Ja, und auch für so eine Situation muss in guter Krisenmanagementplan eine Lösung vorsehen. Denn das ist ja das Wesen von Krisen, das mitunter die unglaublichsten Konstellationen von Ereignissen eintreten. Und hier wird nach meiner Erfahrung manchmal regelrecht „herumgeeiert“. Man will nicht in einem Dokument festschreiben, dass unter Umständen jemand anders, als der eigentlich vorgesehene Personenkreis, Führungsverantwortung übernehmen muss.

Ja, ganz klar geregelt muss in so einem Krisenmanagementplan auch sein: Wer löst in welcher Situation wie die Krisenreaktion aus? Meine Erfahrung hier: Es braucht ganz konkrete Vorgaben. Formulierungen, die man allerdings sehr häufig findet, wie „Im Krisenfall ist dieses oder jenes zu tun“, die sind völlig ungeeignet. Sie werden im Regelfall dazu führen, dass viel zu spät hochgefahren wird. Weil Menschen einfach dazu neigen, so lange wie möglich zuzuwarten. In der Hoffnung, dass sich eh noch alles quasi von selber regelt. Das macht die Situation aber meist nur noch schwieriger bzw die Krise und damit den Schaden auch noch größer,

Man muss im Krisenmanagementplan also wirklich klar festlegen, was wirklich als Krise verstanden wird. Dabei kann es zum Beispiel auch verschiedene Reaktions-Stufen geben. Das ist insbesondere bei großen Organisationen mit mehreren Niederlassungen oder unterschiedlichen Teilbereichen durchaus sehr sinnvoll.

Ja, ein weiterer Punkt in so einem Krisenmanagementplan ist eine Liste von Ressourcen, die für eine entsprechende Krisenreaktion notwendig sind. Da brauche ich die Informationen: Wo sind diese Ressourcen? Wo bekomme ich die her? Wer kann damit umgehen? Das kann ganz unterschiedlich sein, das kann vom Bagger bis zum Ersatz-Rechenzentrum gehen. Das hängt natürlich sehr von der Organisation bzw der Branche des Unternehmens ab.

Ja, wir haben schon den Krisenstab angesprochen. Es muss nicht nur geregelt werden, wer dazu gehört (inklusive vielleicht der Ersatzmitglieder). Wichtig ist auch zu definieren: Was wird vom Krisenstab erwartet? Nicht einfach nur: Wir haben einen Krisenstab, weil man halt einen braucht. Sondern ganz spezifisch: Was leistet unser Krisenstab zur Bewältigung von Krisen in unserer Organisation, unserem Unternehmen, unserer Kommune. Wo arbeitet der Krisenstab – inklusive mindestens einem Ersatzquartier. So ein Ersatzquartier sollte ähnlich ausgewählt werden wie ein Ersatzrechenzentrum. Also es sollte auf jeden Fall in einem anderen Gebäude sein. Idealerweise hat dieses andere Gebäude eine andere infrastrukturelle Anbindung. Und keine oder zumindest eine andere Gefährdungslage. Also z.b. nicht direkt am selben Fluss wie das Hauptquartier. Oder in derselben Einflugschneise des selben Flughafens, und so weiter.

Dann sollte ich regeln, welches Material – z.b. informations- und Kommunikationstechnologie – braucht der Krisenstab. Da ist dann in den Plänen häufig zu lesen: „Wird im Bedarfsfall bereitgestellt.“ Meine Empfehlung ist ganz klar: Wenn irgendwie möglich sollte das Material immer bereitstehen. Auch im Ersatzquartier. Das macht natürlich notwendig, dass hier Prozesse für die laufende Pflege und Wartung implementiert werden. Besonders heikel ist das natürlich, wenn der Krisenstab lange nicht gebraucht wird. Das wird dann häufig als Einsparungspotenzial gesehen. Aber Material, das im Krisenfall erst bereitgestellt werden muss, verzögert auf jeden Fall die Reaktionsfähigkeit. Das ist eine ganz klare Sache. Ja, eine weitere Empfehlung von meiner Seite: Denken Sie bei Material auch immer einfach an Papier und Bleistift. Nie nur auf die IT verlassen. Es gibt genug Bedrohungsszenarien, genug Krisenszenarien, bei denen IT oder vielleicht sogar Kommunikationstechnologie nicht zur Verfügung stehen.

Kommunikation an sich ist natürlich auch ein ganz wichtiger Punkt in so einem Krisenmanagementplan. Dabei wird allerdings häufig die Kommunikation nach innen etwas vernachlässigt. Wenn man unter Krisenkommunikation nur Maßnahmen nach außen sieht, dann kann es dazu kommen, dass Mitarbeiter mehr Infos aus den Medien als von ihrer Leitung bekommen. Wenn das passiert, dann ist das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre Leitung rasch nachhaltig beschädigt. Aber genau dieses Vertrauen brauchen wir, um möglichst gut durch eine Krise zu kommen. Das heißt, ich muss mir auch bereits im Vorfeld Gedanken darüber machen, wie ich mein Team, meine Mitarbeiter möglichst transparent über die laufende Situation infermiere.

Aber selbstverständlich ist die Kommunikation nach außen oft entscheidend für den Weiterbestand des Unternehmens. Ich muss also ganz klar regeln: Wer spricht für das Unternehmen? Das wird in der Regel ein Pressesprecher, eine Pressesprecherin sein. Die Leitung selber ist – zumindest in der heißen Phase – zu beschäftigt mit der Krisenreaktion. Dann gehören dazu Vorbereitungen für mögliche Pressekonferenzen. Es müssen alle dafür notwendigen Materialien und Informationen laufend auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Im Anlassfall sollte es möglich sein, innerhalb kürzester Zeit eine Pressekonferenz zu starten. Dafür müssen beispielsweise auch Örtlichkeiten vorgeplant werden.

Eine besondere Herausforderung in einer Krisensituation ist das Informationsmanagement. Es ist daher sehr vorteilhaft, bereits im Vorfeld, bereits im Krisenmanagementplan zu klären, welche Informationen man woher bekommt. Also z.B. nicht erst im Ernstfall nach bestimmten Telefonnummern zu suchen oder Google anwerfen zu müssen. Die Recherche nach allen eventuell relevanten Informationsquellen sollte im Vorhinein durchgeführt werden. Dazu gehört auch, dass die Verlässlichkeit dieser Quellen geprüft bzw beurteilt wird. Ja, etwas, das heute auch immer wichtiger wird: Ich muss soziale Medien beobachten und aktiv daran teilnehmen. Wenn es nicht ohnehin schon gelebte Praxis in einer Organisation, einem Unternehmen, oder einer Kommune ist: In einer Krisensituation geht es heute einfach nicht mehr ohne.

Ja, und dann gehören in den Krisenmanagementplan jede Menge Dokumentenvorlagen. Das geht von Formularen für den Krisenstab – wie zum Beispiel Tagesordnung oder Tagebuch – über Vordrucke für Lageberichte bis hin zum Entwurf von Pressemeldungen. Diese Vorlagen sollten unbedingt sowohl elektronisch als auch in ausgedruckter Form – und dann vor allem auch in ausreichender Menge – zur Verfügung stehen.

Ja, ich habe schon erwähnt, dass Checklisten eine besondere Bedeutung haben, besonders wichtig sind. Grob gesprochen kann man sagen: Für alles, was eine Person oder ein Team zu tun bzw. umzusetzen hat, sollte es eine Checkliste geben. Das können z.b. Checklisten für wichtige Entscheidungen sein. Um zu gewährleisten, dass gewisse Anforderungen immer eingehalten werden. Dann sind da Tätigkeiten wie die Vorbereitung einer Pressekonferenz, das Einrichten des Stabsraums, die Abhaltung einer Krisenstab Sitzung, und so weiter. Wann immer eine Person oder ein Team etwas zu tun hat, gibt es dafür dealerweise eine konkrete Checkliste.

So eine Checkliste sollte wie ein einfaches Kochrezept gehalten sein. Es werden die notwendigen Schritte nacheinander aufgezählt. Diese Aufzählung sollte so knapp wie möglich gehalten werden, denn idealerweise ist eine Checkliste nie länger als eine A4-Seite. So ist das Abarbeiten unter Stress viel leichter, als wenn hin- und hergeblättert werden muss. Optisch sollten die Checklisten so gestaltet werden, dass man sich möglichst einfach und rasch darin zurecht findet. Es sollte möglich sein, bereits erledigte Schritte solche zu markieren und eventuell auch zu kommentieren. Das heißt die Checklisten sollten aus dem Krisenmanagementplänen entnehmbar sein. Dabei empfiehlt es sich natürlich sie nach Rollen zu gruppieren, damit eine Person schnell die für Sie relevanten Checklisten findet. Und zwar gesammelt findet, und sie sich nicht erst zusammen suchen muss.

Durch den Einsatz von Checklisten kann der restliche Krisenmanagementplan leichter gestaltet werden, da dieser dann vor allem für die Vorbereitung verwendet wird. Im Krisenfall selbst orientiert man sich dann natürlich eher nur an den Checklisten. Aber Vorsicht: Meine Erfahrung zeigt, dass das zwar ein super Tool ist, das unbedingt genutzt werden sollte, es besteht aber die Gefahr, dass später einmal Änderungen im Krisenmanagementplan nicht in allen relevanten Checklisten nachgezogen werden. Und natürlich kann das auch umgekehrt passieren. Das darf aber auf gar keinen Fall sein. Bei einem Review des Krisenmanagementplans empfiehlt es sich daher auch immer, auch die Checklisten zu analysieren, Ich habe für mich da das Tool der Aktoren-Analyse entwickelt. Und dabei habe ich durchaus schon feststellen müssen, dass es für ein und dieselbe Person in einem umfassen Krisenmanagementplan einander widersprechende Handlungsanweisungen gab. Und das darf natürlich nicht passieren.

Insgesamt kannst so ein Krisenmanagementplan also ein recht umfassendes Dokument werden. Dabei sollte man sich aber trotzdem immer so knapp wie möglich halten. Zum einen kann einfach nicht alles vorher geplant werden. Man darf nie vergessen: Es geht primär darum, die Reaktionsfähigkeit des Unternehmens herzustellen und aufrecht zu erhalten – nicht mehr und nicht weniger. Zum anderen muss man natürlich davon ausgehen, dass ein mehrere hundert Seiten langer Plan vermutlich von niemanden gelesen wird – schon gar nicht in einer Krisensituation.

Abschließend muss ich aus meiner Erfahrung ganz klar sagen: Der beste Plan nützt überhaupt nichts, wenn er nicht regelmäßig geübt wird. Und zwar nicht nur in einem entspannten Trockentraining, wo man einfach den Plan gemeinsam durchgeht, gemeinsam durchliest, sondern in möglichst realitätsnahen Simulationen.

Genau darum – um Simulationen – geht es in meiner nächsten Podcast-Episode.

Wenn sie etwas nachlesen wollen, dann finden Sie wie immer Shownotes, ein Transkript und weitere wertvolle Informationen auf meiner Webseite krisenmeisterei.at. Wenn Sie besondere Wünsche oder Anregungen haben, würde ich mich sehr über eine E-Mail freuen. Die E-Mail-Adresse ist podcast@krisenmeisterei.at.

Das war’s für heute!

Ich bin Thomas Prinz von krisenmeisterei.at. Vielen Dank fürs Zuhören und auf Wiedermeistern bei der nächsten Folge.

 

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