Oder: Von der Struktur im Chaos
Zwischen einem disruptiven Ereignis und dessen strukturierter Bewältigung liegt die sogenannte „Chaosphase“. Doch auch diese Phase ist voll von Strukturen – manche davon entstehen spontan aufgrund der Geschehnisse. Genau diese Strukturen (physische – soziale – organisatorische) müssen vom Krisenmanagement mitberücksichtigt werden, sonst übersieht man wesentliche Elemente der Lage und wird sehr schnell mit unvorhergesehenen (aber vorhersehbaren) Entwicklungen konfrontiert.
Ich würde daher den Begriff der Chaosphase etwas erweitern. Als die Phase, in der zunächst noch unbekannte Strukturen wirken. Strukturen, die automatisch durch das disruptive Ereignis oder zumindest kurz danach entstehen. Und die ich berücksichtigen muss, wenn ich will, dass meine Eingriffe in das Geschehen erfolgreich sind.
Letztendlich unterstreicht das nur die Bedeutung von guter und gründliche Lagearbeit: Je umfassender mein Lagebild ist, umso besser werden meine Maßnahmen sein.
Und es unterstreicht auch wie wichtig es ist, zumindest am Anfang jegliche Lage als dynamische Lage einzustufen. Das hilft dabei, nicht zu vergessen, dass jegliches Führungsverfahren einen Kreislauf darstellen sollte. Und dass nach jeder Maßnahmensetzung wieder eine neue Lagefeststellung fällig ist – in der Hoffnung, dass sich alles zum Besseren wendet.
Wir tun also gut daran uns im Notfall- und Krisenmanagement dessen bewusst zu sein, dass sich das Chaos in der Chaosphase eigentlich in erster Linie auf unsere Reaktion bezieht: Dass diese Phase davon gekennzeichnet ist, dass es noch kein strukturiertes Management der Notfall- oder Krisenmaßnahmen gibt. Strukturen als solche gibt es aber schon – die beginnen unmittelbar nach dem Ereignis zu entstehen und zu wirken. Und je schneller wir diese Strukturen erkennen und in unsere Planungen einbeziehen, umso erfolgreicher werden wir sein. Wenn wir hingegen den Begriff der Chaosphase so interpretieren, dass nach dem Ereigniseintritt generell nur Chaos herrscht und wir das gesamte Geschehen einfach in “unsere” Struktur pressen können, dann sind böse Überraschungen in Form möglicher Eskalationen vorprogrammiert.
Oder anders gesagt: Wir dürfen nicht nur auf ein Ereignis an sich reagieren. Wir müssen auch darauf reagieren was das Ereignis aus uns und unseren Systemen gemacht hat bzw. noch macht. Nur so können wir nachhaltig erfolgreich sein.
Wenn sie Wünsche oder Anregungen haben, freue ich mich wie immer über eine Email: podcast@krisenmeisterei.at